Überall in Europa verlieren die sogenannten Volksparteien an Zuspruch. Sie werden abgewählt oder von neuen Bewegungen überrollt. In Frankreich war es die von Emmanuel Macron ins Leben gerufene Bewegung „En marche“, aber auch in Spanien, Italien oder Griechenland drängt der Protest der Straßen zunehmend auf die politische Bühne. In Deutschland ist es vor allem die AfD, die dafür gesorgt hat, dass es SPD und CDU zunehmend schwerfällt, stabile Regierungsbündnisse zu schmieden.
Verschiebung der Grenze des Sagbaren
Ein Vorwurf, der bereits seit einiger Zeit durch die deutsche Medienlandschaft geistert ist, dass keine Meinungsfreiheit mehr herrsche, weil man ja nicht mehr alles sagen dürfe. Nun könnte man einfach sagen, dass es Aussagen gibt, die in den Bereich der Volksverhetzung, der Beleidigung oder der Diskriminierung fallen und zwar gesagt werden können, aber die betreffende Person muss sich dann eben den strafrechtlichen Konsequenzen stellen. Das wird man ja wohl noch sagen dürfen, ist hingegen die leicht beleidigte Ausrede von Menschen, die im Graubereich herumstochern. In der Regel sind deren Aussagen strafrechtlich nicht relevant, gesellschaftlich aber kontrovers. Die Aufregung in den Medien und den sozialen Netzwerken ist beispielsweise jedes Mal groß, wenn Politiker sich rassistisch äußern. Gleichzeitig wird die AfD größer gemacht, als sie tatsächlich ist, wenn man ihr gestattet, den gesellschaftlichen Diskurs zu bestimmen. Aber soll man Bemerkungen, in denen Geflüchtete oder Menschen mit Migrationshintergrund diffamiert werden, einfach so hinnehmen? Ein bisher nicht gelöstes Dilemma.
Unübersichtliche Wahlergebnisse
Viel wurde dieses Jahr darüber diskutiert, dass die etablierten Parteien nicht mehr die Sprache des Volkes sprechen und sich nicht um die Sorgen der Leute kümmern. SPD und CDU kamen reichlich gerupft aus den Wahlen, und das Entsetzen über die Ergebnisse der AfD war groß. Viel zu wenig wird jedoch darüber gesprochen, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen den demokratischen Parteien ihre Stimme gegeben hat und nun erwartet, dass sie sich um die Probleme des Landes kümmern.