Meinungsfreiheit ist in einer Demokratie ein hohes Gut und seit einigen Jahren findet nicht nur in Deutschland ein Abgesang auf sie statt. In den USA sitzt ein Präsident im Weißen Haus, der so oft lügt, dass es niemanden mehr schockiert, wenn eine seiner Aussagen wieder einmal als falsch enttarnt wird. Aber auch in anderen Ländern gefällt es Staats- oder Regierungschefs, sogenannte Fake News zu verbreiten.
Die vierte Säule der Demokratie
In einer Demokratie soll das Volk herrschen, und um zu verhindern, dass eine machthungrige Einzelperson eine Diktatur einrichtet, ist die Macht zwischen der Exekutive, der Legislative und der Judikative aufgeteilt. Die gesetzgebende Gewalt ist dafür zuständig, das Zusammenleben durch Gesetze zu regeln, die ausführende Gewalt setzt diese Gesetze durch und die richterliche Gewalt ist dafür zuständig, dass die Gesetze richtig angewendet werden. Soweit die Theorie. Da die Medien im 20. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung gewonnen und als Kontrollinstanz aufgetreten sind, spricht man mittlerweile von den Medien als vierte Säule.
Journalisten unter Druck
Reporter recherchieren und berichten, teilweise decken sie aber auch spektakuläre Missstände auf. Das können Verbrechen in der Finanzbranche sein, wie beispielsweise bei den sogenannten Cum-Ex-Geschäften, aber auch Verwicklungen von Politikern oder Geschäftsmännern in Korruptionsfälle. In solchen Fällen kann man die Bedeutung einer freien Presse gut sehen. Gleichzeitig ist diese Arbeit für die recherchierenden Journalisten gefährlich, da sie einflussreichen Menschen auf die Füße treten, wie der Mord an einer maltesischen Investigativjournalistin auf bestürzende Art zeigte.
Doch selbst wenn Journalisten „nur“ beobachten oder über das politische Tagesgeschehen berichten, können sie zur Zielscheibe werden. Beleidigungen im Internet gehören mittlerweile zur Tagesordnung. Auch tätliche Angriffe und sogar Morddrohungen sind keine Ausnahme mehr. Gleichzeitig muss man sich fragen, wer noch das Risiko auf sich nehmen soll, kritisch zu berichten, wenn er oder sie damit das eigene Leben oder sogar das Leben der Familie in Gefahr bringt.
Die öffentliche Meinung
Seit immer wieder Menschen beklagen, dass man seine Meinung nicht mehr offen sagen könnte und die Meinungsfreiheit nur noch auf dem Papier existiere, wird darüber diskutiert, inwieweit diese Behauptung der Wahrheit entspricht. Naturgemäß gehen die Meinungen auch bei diesem Thema auseinander und reichen von Zustimmung bis zu einer klaren Verneinung. Schließlich ist in Deutschland in letzter Zeit niemand dafür ins Gefängnis gekommen, dass er seine Meinung gesagt hat. Zumindest solange seine Meinung nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung oder anderer Delikte erfüllt hat. Und wenn man eine Meinung vertritt, muss man schließlich damit klarkommen, dass es Menschen gibt, die eine andere Auffassung haben und widersprechen.
Nach diesem Befund könnte man sich beruhigt im Sessel zurücklehnen und den Fernseher anmachen: Meinungsfreiheit in Deutschland in Ordnung, Problem gelöst. Doch ganz so einfach ist es leider nicht. So kann man zwar sehr viel sagen, doch die Reaktion beschränkt sich, je nach Thema, nicht auf verbalem Widerspruch. Menschen werden im Internet beleidigt, verunglimpft und bedroht. Verständlich, wenn man beschließt, sich mit der eigenen Meinung lieber zurückzuhalten.