Am 5. Februar wählte die Thüringer FDP Thomas Kemmerich zum neuen Ministerpräsidenten von Thüringen. Er sollte den amtierenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Die Linke) ersetzen. Aus eigener Kraft heraus schafften es CDU und FDP jedoch nicht, Kemmerich ins Amt zu bringen. Sie nutzten dafür die Stimmen einer Partei, mit der eine Zusammenarbeit faktisch möglich, hinter vorgehaltener Hand jedoch verrufen war: Der AfD.

Gegen Rot-Rot-Grün oder die AfD?

Die AfD hatte zuvor einen eigenen Kandidaten aufgestellt, der allerdings keine Erfolgschancen hatte. Nun sah die FDP scheinbar ein, dass alleine mit der Unterstützung der CDU eine Wahl Kemmerichs zwangsläufig scheitern würde, da Rot-Rot-Grün geschlossen hinter Bodo Ramelow stand. Innerhalb geheimer Absprachen soll ein Dialog mit der AfD erfolgt sein, bei dem die FDP diese Partei um Unterstützung für Kemmerich bat. Die AfD, die in erster Linie Bodo Ramelow stürzen wollte, sah dies ein und stimmte zum Stichtag geschlossen für Kemmerich. Dieser Prozess ist als „Schande“ und von Angela Merkel als „unverzeihlich“ betitelt worden – doch ist er das auch?

Für 24 Stunden sollte Kemmerich, der nun mit einer Mehrheit gewählt worden war, Ministerpräsident Thüringens sein. Eigentlich machte Kemmerich einen positiven Eindruck. Als aufgeschlossener Liberaler und junggebliebener Politiker hätte er auch im sportlichen Outfit auftreten können. T-Shirt, adidas Schuhe und Jeans hätten Kemmerich gestanden, und er hätte kaum Aufsehen erregt, wenn er als Vorsitzender der Jungen Union Thüringens aufgetreten wäre.

Gemäßigte Kräfte freuten sich über eine demokratische Alternative zu dem Vertreter der Nachfolgepartei der SED, die AfD zelebrierte die Absetzung eines Linken. Doch große Teile der linken und grünen Öffentlichkeit sahen in der Wahl einen Pakt zwischen FDP und AfD, die besonders in Thüringen wegen ihres Vorsitzenden Björn Höcke als radikal gilt. So wies Angela Merkel ihre Parteifreunde von Südafrika aus an, die Wahl rückgängig zu machen. Welchen Druck diese „Empfehlung“ ausgeübt haben muss, lassen der überstürzte Rücktritt Kemmerichs, seine Flucht mitsamt Familie zum Polizeischutz und die Kündigung des Ostbeauftragten Hirtes durch Merkel nur erahnen.

Politische Konsequenzen

Was diese Abmahnungen und hysterischen Ausfälle der Bundeskanzlerin und ihrer Gefolgschaft bewirken, ist keine große Überraschung. Ein riesiger Vertrauensverlust in die Volksparteien, die zerknirschte Wahl eines ewigen Ministerpräsidenten Ramelow und ein Absacken der Umfragewerte für die Linke und die CDU kamen quasi sofort nach dem freiwilligen Rücktritt Kemmerichs.

„Nicht einmal Walter Ulbricht wäre Angela Merkel gefolgt. Bei dem galt noch die Parole: ‚Wir müssen alles in der Hand halten, es muss nur demokratisch aussehen.‘ Und das sieht nicht einmal mehr demokratisch aus“, schlussfolgerte Bundesvorsitzender Alexander Gauland der AfD vor dem Bundestag. Die Bundesregierung müsse immer weiter auf Görlitzer Koalitionen zurückgreifen, die in einer Aufteilung von allen gegen einen, in diesem Fall der AfD, resultiere. Das führe zu einer Verschärfung des politischen Diskurses, oder, wie Tino Chrupalla es bezeichnete, zu einem Klima der Angst. Es würde den Parlamentarismus zerstören und bürgerlichen Kräften der Bundesregierung auf lange Sich jede Agitationsmöglichkeit nehmen. Ob die beiden Vorsitzenden der AfD damit Recht behalten, bleibt abzuwarten, doch sind ihre düsteren Prophezeiungen derzeit mehr als plausibel.